Mein Mann hat mir letzte Woche gesagt, er fühle sich in unserer Beziehung nicht mehr wohl und denke über eine Trennung nach. Wir sind seit 15 Jahren verheiratet und seit 20 Jahren ein Paar.  Für mich kommt diese Nachricht völlig unerwartet. Wir hatten praktisch nie Streit. Nun stehe ich vor einem grossen Scherbenhaufen. Was kann ich tun?

Nach einer solchen Nachricht steht die Welt erstmal auf dem Kopf. Sie haben es nicht kommen sehen und darauf vertraut, dass alles ok ist. «Harmonie» in der Paarbeziehung kann manchmal tückisch sein. Häufig steht das «nicht streiten», mehr für die Vermeidung von Konflikten als für ein zufriedenes Miteinander. Ausgeprägte Harmonie kann ein Zeichen dafür sein, dass unterschiedliche Bedürfnisse nicht besprochen werden, um Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen. Mit der Zeit kann dies zu einer Entfremdung oder zu grosser Frustration führen. Vor diesem Hintergrund könnte die Aussage Ihres Mannes eine Chance sein. Er zeigt Ihnen damit, dass er, so wie es gerade zwischen Ihnen läuft, nicht glücklich ist. Er stört damit zwar die Harmonie zwischen Ihnen, zeigt sich jedoch in seinen Bedürfnissen. Das ermöglicht es Ihnen als Paar, in einen ehrlichen und vertiefteren Austausch zu kommen. Dies kann zu mehr Nähe und Intimität führen.

Wenn Paare mit Trennungsgedanken zu mir in die Beratung kommen, frage ich häufig: «wovon möchten Sie sich denn trennen?» Häufig möchten die Menschen sich von den derzeitigen Umständen oder von der Dynamik, die in der Paarbeziehung herrscht, trennen. Wenn sie sich nicht im Stande fühlen diese zu verändern, liegt der Gedanke nah, sich von der Partnerin oder dem Partner zu trennen. Häufig sind es jedoch gerade solche Krisen, die eine tiefgreifende Veränderung in der Paarbeziehung überhaupt ermöglichen. Vorausgesetzt, man lässt sich darauf ein und ist bereit sich das Befinden und die Anliegen des Partners oder der Partnerin anzuhören, ohne gleich in eine Verteidigungshaltung zu gehen. Dazu kann es hilfreich sein, die Unterstützung einer Fachperson zu beanspruchen.

Inma Vidal, Paarberatung & Mediation im Kanton Zürich, Beratungsstelle Winterthur

Dieser Artikel wurde im Stadt-Anzeiger Opfikon Glattbrugg unter der Rubrik «DER GUTE RAT» am 24.02.2022 veröffentlicht.

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