Seit 10 Jahren sind wir ein Paar, seit 3 Jahren leben wir im gemeinsamen Haushalt. Ab da hatten wir fast keinen Sex mehr und Langeweile trat auf. Ich hatte immer weniger Lust. Woran liegt das?

Sie sind in einer langjährigen Beziehung und Sexualität verändert sich, genauso wie die Beziehung. Sie ist nicht mehr das gleiche wie am Anfang oder auch noch vor 5 Jahren. Ereignisse im Leben können einen Einfluss haben auf die sexuelle Lust. Aber auch der ganz normale Verlauf einer Beziehung verändert die gemeinsame Sexualität. Sie ist meist nicht mehr so spontan und aufregend wie zu Beginn, während der Verliebtheitsphase. Sexualität will gepflegt werden, sie braucht wie andere Dinge im Leben einen fixen Platz im Wochen- oder Monatsplan, denn im gemeinsamen Alltag kann sie schnell vergessen gehen.

Wenn Sexualität und die sexuelle Lust nicht regelmässig erfahren und praktiziert werden, können sie immer mehr an Bedeutung verlieren und die Lust geht immer mehr verloren. In langjährigen Beziehung kennen sich die Partner, die Spannung des Neuen ist weg, die Rollen in der Beziehung sind klar. Das Bedürfnis nach Bindung ist vielleicht durch den gemeinsamen Haushalt gestillt. Doch es gibt auch das Bedürfnis der Autonomie. Die Autonomie ist ein wesentlicher Antrieb für sexuelle Lust. Nur wer sich stetig entwickelt und persönlich wächst, kann sexuelles Verlangen spüren. Ein positiver Selbstbezug trägt dazu bei, sexuelle Lust und Verlangen auf den Partner zu spüren. Ist das Selbstempfinden vom Partner abhängig, schwindet die Lust und sexueller Rückzug tritt ein.

Sie können sich Ihre Beziehungssexualität als zwei Kreise der beiden Beziehungspersonen vorstellen, welche sich z.B. ein Drittel überlappen. Nur der Bereich, wo sich die zwei Kreise überlappen, bleibt als Praxis übrig. Alles andere, was die zwei Menschen auch noch als sexuelle Personen mitbringen, wird oft aus Angst vor Ablehnung oder Routine ausgeklammert. So ist auch die Entwicklung der gemeinsamen Sexualität nicht mehr möglich, denn keiner der Beiden bringt etwas Neues rein. Eine Stagnation wird spürbar. Hier können Sie sich fragen: Was ist mein Wunsch in der Sexualität, was sind meine Fantasien die ich ausprobieren möchte? Und wie kann ich diese einbringen? Vielleicht suchen Sie das Gespräch oder überraschen Ihr Gegenüber.

Katrin Lukas, Paarberatung und Mediation im Kanton Zürich, Beratungsstelle Bülach

Dieser Artikel wurde im Stadt-Anzeiger Opfikon Glattbrugg unter der Rubrik «DER GUTE RAT» am 16.06.2022 veröffentlicht.

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