Meine Frau und ich sind jetzt 32 Jahre verheiratet. Seit einiger Zeit sind wir uns nicht mehr wohlgesonnen und haben viele Konflikte. Ich habe das Gefühl meine Frau verachtet mich.

Konflikte entstehen häufig durch einen nicht respektvollen Umgang mit den unterschiedlichen Bedürfnissen und Verschiedenheiten der Beziehungsmenschen. Ob aus diesen Konflikten aber Verletzungen entstehen, hängt ab wie sie miteinander Konflikte führen. Wenn in diesen Konflikten mit Kritik, Vorwurf und Verteidigung reagiert wird, können auf Dauer Enttäuschung und Kränkungen zurückbleiben. Aus diesen kann Verachtung (z. B. Abwertung, Gemeinheiten, lächerlich machen, den anderen klein machen) entstehen.

Verachtung ist ein deutliches Zeichen, dass es der Beziehung nicht gut geht. Zudem zeigen Ergebnisse aus der Paarforschung, dass sie die Beziehung längerfristig zerstört. Oft sind die ersten drei Minuten einer Begegnung ausschlaggebend, wie diese verläuft. Wenn sich Menschen die ersten drei Minuten mit Wohlwollen und Verständnis begegnen, ist es relativ sicher, dass das weitere Gespräch auf Augenhöhe verläuft. Begegnen sich die Menschen in den ersten drei Minuten feindselig, so wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit in einem verletzenden Streit enden.

Sie selbst können das Gespräch in der ersten Phase mitbeeinflussen, auch wenn Ihre Frau Sie kritisiert. Denn Ihre Reaktion können Sie überdenken und sie ist mitverantwortlich dafür, wie das Gespräch weiterverläuft. Angenommen Sie reagieren auf einen Vorwurf mit Interesse und Verständnis, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass die Spannung und der Ärger bei Ihrer Frau abnimmt. Wenn nicht, dann können Sie beharrlich bleiben und nochmals Interesse zeigen – was genau ärgert Dich? Was wünscht du Dir von mir? Verständnis heisst nicht einverstanden sein, denn mit grosser Wahrscheinlichkeit haben Sie ein anderes Bedürfnis als Ihre Frau. Angenommen Sie reagieren mit einem Gegenvorwurf oder einer Verteidigung, wird der Konflikt sich aber zuspitzen, denn Ihre Frau und auch Sie fühlen sich nicht verstanden. Wenn Sie beide Ihre Bedürfnisse respektvoll äussern können, dann ist die Grundlage dafür geschaffen, um gemeinsam eine Lösung zu erarbeiten, die für beide gut ist.

Katrin Lukas, Paarberatung und Mediation im Kanton Zürich, Beratungsstelle Bülach

Dieser Artikel wurde im Stadt-Anzeiger Opfikon Glattbrugg unter der Rubrik «DER GUTE RAT» am 05.05.2022 veröffentlicht.

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