Wir sind seit 15 Jahren ein Paar und haben ein Kind (8 Jahre). Da mein Mann vor zwei Jahren eine Affäre hatte, waren wir auch in einer Paartherapie. Obwohl mein Mann die Affäre gleich wieder beendete, quälen mich immer noch schlimme Gefühle. Wenn ich das Thema Affäre auf den Tisch bringe, zieht sich mein Mann zurück. Für ihn haben wir alles geklärt und er hat sich für mich entschieden.
Häufig ist es so, dass der Part der Beziehung, welcher eine Affäre oder Aussenbeziehung hatte, schneller an einem anderen Punkt steht. Der Teil will oft weiter und nach vorne schauen, denn er hat sich ja entschieden. Der Teil, der betrogen wurde, braucht oft länger um zu verarbeiten und zu verzeihen. Dieses unterschiedliche Tempo ist oft schwierig auszuhalten. In dieser schwierigen Zeit ist bei Ihnen eine Dynamik in der Beziehung entstanden, in der Sie beide unterschiedliche «Rollen» innehaben. Sie wollen darüber sprechen und Ihr Mann möchte nicht mehr darüber reden. Sie reagieren in dieser schwierigen Situation mit «Ich will alles genau wissen und ich frage ihn oft» und Ihr Mann reagiert mit «Ich habe alles erklärt, für mich gibt es nichts mehr zu klären.» Diese Dynamik hält sich gerade hartnäckig – Sie erleben es als hoffnungslos, da etwas zu ändern. Und die Hoffnungslosigkeit erscheint dann recht stark, wenn Sie auf der Seite Ihres Mannes versuchen etwas zu ändern und das nicht klappt. Sie haben keinen Einfluss darauf, dass Ihr Mann sich anders verhält. Wenn Sie hinter Ihre Reaktion schauen, besteht die Möglichkeit, für Sie etwas auf Ihrer Seite zu verändern. Und dies hat eventuell Auswirkung auf die Dynamik. Eine Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen und dem Drang, alles immer wieder besprechen zu müssen, kann Sie selbst stärken.
Vielleicht haben Sie möglicherweise Angst, wenn Sie aufhören zu fragen und sich zu bemühen, dass Sie die Beziehung verlieren. Oder Sie haben die Befürchtung, dass durch die Affäre zu viel kaputtgegangen ist. Hinter Ihrer Reaktion «Ich will alles genau wissen und ich frage ihn oft» verbirgt sich vielleicht Angst, die Beziehung zu verlieren und eine Trauer.
Wenn Sie Ihre Reaktionsmuster verstehen und verändern möchten, ist eine Auseinandersetzung mit den eigenen Ängsten sinnvoll. So kann es Ihnen gelingen, nicht mehr aus diesen Gefühlen heraus zu reagieren um sich zu beruhigen. Sie können schauen was Sie brauchen und sich selbst beruhigen und Sie wissen dann eventuell auch, was Sie von Ihrem Mann brauchen und können Ihn danach fragen. Auch mit dem Wissen, dass Ihr Mann entscheidet, ob er dies Ihnen geben will. In diesem Prozess lernen Sie sich selbst besser kennen. Das kann hilfreich sein, so dass Sie sich selbst Halt geben können, wenn Ihr Mann nicht so ist wie Sie ihn brauchen.
Katrin Lukas, Paarberatung und Mediation im Kanton Zürich
Beratungsstelle Bülach
Dieser Artikel wurde im Stadt-Anzeiger Opfikon Glattbrugg unter der Rubrik «DER GUTE RAT» am 15.12.22 veröffentlicht.