Am Anfang einer neuen Beziehung ist die Verschiedenartigkeit meistens noch kein Thema. Warum?
Viktor Arheit: Wenn sich zwei Menschen neu kennenlernen und lieben, lassen sie sich ganz aufeinander ein. Das Entdecken des Neuen steht im Vordergrund, das Gemeinsame wird betont, die Unterschiede werden ausgeblendet.

Und wann können dann die Probleme entstehen?
Oftmals geben beide zugunsten der Beziehung etwas oder vielleicht eben viel von sich selber auf. Wenn der Reiz des Neuen vergeht, meldet sich das Individuum zurück. Und dann zeigen sich die Unterschiede stärker und können auch störender werden.

Was ist denn eigentlich mit «verschieden» gemeint?
Das können Hobbys sein, Lebensansichten, Neigungen, Musikstile, Essgewohnheiten, Gesprächskulturen oder politische Ausrichtungen. Natürlich passt zwischen zwei Menschen nie alles zusammen, und das muss es auch nicht.

Wie kann ein Paar mit den Unterschieden umgehen?
Ein wichtiger Faktor ist Nähe und Distanz. Dieses Hin und Her ist ein natürlicher Prozess. Nicht alles muss gemeinsam getan werden. Momente der Distanz sind nötig, um die Nähe wieder als anziehend zu erleben.

Kann das aktiv angegangen werden?
Ja, unbedingt. Die Distanz muss gepflegt werden, die Verbundenheit aber auch. Wenn ein Paar nichts tut für die Verbundenheit, besteht die Gefahr, dass der Alltag die beiden auseinanderbringt. Das bewusste Pflegen des Gemeinsamen ist sehr wichtig. Je mehr Verschiedenartigkeit vorhanden ist, desto wichtiger ist es, miteinander auch das Gemeinsame zu betonen.

Dann müsste also die Verschiedenartigkeit kein Grund sein, sich zu trennen.
Es gibt immer wieder Paare, die mich fragen, ob das mit ihnen denn funktionieren kann, wenn sie so verschieden sind. Darauf antworte ich: «Dass ihr verschieden seid, ist kein Grund, euch zu trennen. Aber ihr müsst lernen, das Gemeinsame zu pflegen – gerade weil ihr so verschieden seid.» Genau an diesem Punkt beginnt nämlich die echte Partnerschaft.