«Wie sollen wir nur diese Zeit als Paar überstehen?» Mein Mann und ich sind seit 20 Jahren verheiratet. Wir haben drei Kinder im Alter von 8, 12 und 14 Jahren. Mein Mann war vor gut 2 Jahren ein halbes Jahr stellenlos. Was zu Beginn gut lief, wurde zunehmend schwieriger: mein Mann hat sich zurückgezogen, war schlecht gelaunt und Gespräche waren kaum mehr möglich; es gab sofort Streit. Ich habe mir damals mehrmals überlegt, ob ich mich trennen soll, es aber den Kindern zuliebe nicht getan.
Bevor es zur Katastrophe kam, fand mein Mann wieder eine Stelle und unser Alltag normalisierte sich wieder. Wir haben es aber vermieden, im Nachhinein darüber zu reden. Wegen des Corona-Virus muss ich nun homeoffice machen, mein Mann Kurzarbeit und die Kinder sind zuhause und sollten nicht raus. Schon nach kurzer Zeit holten mich die Erinnerungen ein. Ich fühle mich überfordert, verzweifelt und habe keine Ahnung, wie wir dies nochmals zusammen überstehen können. Können Sie mir helfen?»

Eine Pandemie ist eine Herausforderung für alle und die Meisten von uns haben so etwas noch nie erlebt und können nicht auf Erfahrungswerte zurückgreifen. Sie kennen als Familie diese Ausnahmesituation und haben Sie als schwierig in Erinnerung. Aber Sie haben die Krise trotz allem gemeinsam durchgestanden und sind als Familie zusammen geblieben.
Wir Menschen tendieren dazu, Konflikte und Krisen möglichst schnell zu vergessen und möchten am Liebsten nichts mehr damit zu tun haben. Dabei wäre es eine Gelegenheit rückblickend Bilanz zu ziehen und zu schauen, was anders hätte laufen können und wie es zukünftig besser gelingen könnte. Stattdessen werden wir dann in einer ähnlichen Situation von den unverdauten Gefühlen überschwemmt und es kann sich ein Gefühl von Verzweiflung breit machen. Machen Sie den Schritt ins Heute: Es sind 2 Jahre vergangen, Ihre Kinder sind älter, Sie und Ihr Mann haben sich weiterentwickelt.
Weiss Ihr Mann von Ihren Gefühlen? Haben Sie ihm gesagt, dass Sie sich Sorgen um Ihre Beziehung machen? Packen Sie diese Gelegenheit und setzen Sie sich mit Ihrem Mann zusammen; reden Sie darüber, was beim letzten Mal so schlimm war und wie Sie dies zusammen in der jetzigen Situation vermeiden können. Wo sehen Sie Ihre Ressourcen? Wo gibt es auch positive Erlebnisse? Wie können Sie sich in der Kinderbetreuung unterstützen?
Sprechen Sie sich ab, wann Sie sich bewusst Zeit für sich nehmen können: Einfach wieder mal alleine eine kleine Runde spazieren gehen oder mit der besten Freundin in Ruhe telefonieren! Nehmen Sie sich täglich kurz Zeit, um zusammen den nächsten Tag zu besprechen und reden Sie über Ihre Ängste und Befürchtungen. Der Corona-Hausarrest wird hoffentlich bald der Vergangenheit angehören, das Gefühl des «Zusammen-durchstehen-könnens» bleiben.

Dieser Artikel ist erschienen im Stadt-Anzeiger Opfikon Glattbrugg
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