Dieses Jahr hätte ganz gut angefangen, wenn meine Frau nicht mit der Idee gekommen wäre, in eine Paarberatung zu gehen. Seit dieser Vorschlag im Raum steht, sehe ich im Hinblick auf unsere Beziehung nur noch `schwarz`: So verfahren ist unsere Situation, dass nur noch jemand Fremdes helfen kann. Wenn wir die Probleme nicht einmal miteinander klären können, wie soll das jemand Aussenstehendes schaffen? Vielleicht will mir meine Frau dann sagen, dass ich an allem schuldig sei? Das habe ich nun wirklich nicht nötig. Aber liege ich so falsch, wenn ich sage, dass wir das selbst schaffen müssen?

Die Vorstellung, mit Ihrer Frau eine Paarberatung aufzusuchen, scheint bei Ihnen Befremden, Unsicherheiten und Ängste auszulösen: Angst, am Ende schuldig und schwach „abgestempelt“ zu werden – gepaart mit Bedenken, ob eine Beratung wirklich weiterhelfen kann. Vielleicht haben Sie sich auch zum gesellschaftlich anerkannten Grundsatz gemacht, Probleme selbst zu lösen. Dann ist Ihr Widerstand umso verständlicher. Dass Sie glauben, Sie könnten es alleine miteinander schaffen, zeigt auch, dass Sie an Ihre Beziehungsstärke glauben. Fragen Sie dennoch Ihre Frau, welche Themen Sie in einer Beratung besprechen möchte und vermitteln Sie, dass Sie ihr Anliegen, Hilfe aufzusuchen, ernst nehmen. Beziehungsprobleme und die daraus entstehende Dynamik zwischen dem Paar sind häufig sehr komplex. Eine Beratungsperson ist dem Paar gegenüber neutral – eine wichtige Grundlage, damit beide Seiten ihre Wahrnehmung der Probleme sowie Wünsche und Vorstellungen schildern können. So ermöglicht Beratung in einem, u. a. durch Schweigepflicht geschützten Rahmen, dass das Paar Schritt für Schritt konstruktive Lösungen erarbeiten kann. Der Therapeut bzw. die Therapeutin unterstützt durch eine differenzierte Aussenperspektive, Erfahrung und Fachwissen, welches mitunter auf wissenschaftlichen Studien basiert.

Je mehr das Paar bereit ist, sich auf die Beratung einzulassen, umso mehr kann diese Erfolg  haben (z. B. sich besser verstehen, mehr Verbundenheit). Vielleicht können Sie sich mit diesen Informationen gar auf ein erstes Beratungsgespräch einlassen, um danach zu schauen, ob dieser Weg hilfreich für Sie beide ist.

Werner Klumpp, Paarberatung und Mediation, Kanton Zürich, Beratungsstelle Bülach

Dieser Artikel wurde im Stadt-Anzeiger Opfikon Glattbrugg unter der Rubrik «DER GUTE RAT» am 10.02.2022 veröffentlicht.

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