Mein Mann hatte letzten Herbst eine Beziehung mit einer anderen Frau, ich stellte ihn zur Rede weil er sein Handy nie mehr rumliegen liess und sich auch sonst mehr zurückzog. Mein Mann entschied dann, die Affäre zu beenden. Ich war erleichtert, denn ich wusste immer, dass wir zusammengehören. Jetzt werde ich schnell misstrauisch, zum Beispiel wenn er lange am Handy ist. Gleichzeitig erwarte ich auch, dass mein Mann sich jetzt mehr Mühe gibt. Ist das zu viel verlangt?

Ihr Misstrauen ist normal und es hat eine Funktion. Wenn Sie es zu schnell zur Seite drücken wollen, drängt es sich immer wieder in den Vordergrund. Daher ist es besser, sich damit zu befassen. Sie sind getäuscht und enttäuscht worden, daher sind Sie vorsichtig. Normal ist auch Ihr Bedürfnis nach mehr Kontrolle. Die Heilung benötigt Zeit. Ein wichtiger Schritt kam von Seiten Ihres Mannes, er beendete die Affäre und wandte sich wieder Ihnen zu. Ein nächster Schritt kommt von Ihnen: Verzeihen Sie ihm? Gab es eine Entschuldigung, welche Sie annehmen konnten? Wünschen Sie eine Wiedergutmachung? Falls ja, was? Das Verzeihen ist eine aktive Handlung. Ihr Mann kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten. Wichtig ist, dass Sie ihm die Affäre nicht nachtragen. Als nächstes gilt es in offenen Gesprächen herauszufinden, wie es dazu kommen konnte, dass sich Ihre Beziehung veränderte, Unzufriedenheit entstand. Wie war Ihre Beziehung früher? Was haben Sie geschätzt aneinander. Wie ging das verloren? Was braucht Ihr Mann, was brauchen Sie an Freiraum und Nähe? Alle diese Fragen bespricht man am besten in Ruhe mit viel Einfühlung in die Position des Gegenübers. Thematisieren Sie auch das Misstrauen. Vermutlich hat Ihr Mann Verständnis dafür. Überlegen Sie sich, was sie von ihm brauchen, damit Sie beruhigen können. Zum Beispiel dass Sie Ihre Gefühle des Misstrauens offen aussprechen können und er Anerkennung dafür zeigt. Auch Ihr Mann hat vielleicht Vorschläge, was er tun könnte, damit Sie wieder Vertrauen in ihn haben. Nutzen Sie die Chance, sich gegenseitig Einblick zu geben was Sie brauchen, um Nähe und Distanz in einer guten Balance zu halten. Regelmässiger Austausch und Reflexion ist unverzichtbar. Der Prozess braucht Zeit und zur Unterstützung würde ich Ihnen eine Paarberatung empfehlen.

Salome Roesch, Paarberatung und Mediation im Kanton Zürich, Beratungsstelle Wetzikon

Dieser Artikel wurde am 26.05.21 im Stadtanzeiger Opfikon-Glattbrugg veröffentlich.