Seit einem Jahr habe ich eine Krankheit, dadurch muss ich immer wieder Pausen einlegen, in denen ich nicht arbeiten kann. Ich finde es sehr unangenehm, da ich oft viel gearbeitet habe, sowohl beruflich als auch in meiner Freizeit. Ich hasse es nur dazuliegen und nutzlos zu sein, doch wenn ich in dieser Zeit arbeite, belastet es auch meinen Mann, weil meine Krankheit dadurch stärker wird.

Wenn der Alltag massiv eingeschränkt wird und sich dadurch ändert, fordert dies eine starke emotionale und mentale Anpassung. Das ist oftmals sehr hart, gerade da die Leistung Ihnen zuvor viel Selbstwert und Sinnhaftigkeit gegeben hat. Generell ist Leistung erbringen ein Thema in unserer Gesellschaft und ist individuell mit verschiedenen, meist in der Kindheit erlernten Mustern, wie z.B. dem Selbstwert, verbunden. Ist es möglich, dass Sie sich nur wertvoll erfahren, wenn Sie leisten? Sich selbst mental und emotional zu akzeptieren ist ein Prozess und erfordert Übung. Es lohnt sich aber, weil Sie damit freier wählen können zwischen Entspannung und Belastung. Beginnen Sie Ihre Situation neu zu bewerten; anstatt sich nutzlos zu fühlen, kümmern Sie sich in den Pausen um Ihren Körper und geben ihm die nötige Ruhe, um sich zu erholen. So übernehmen Sie die Verantwortung für Ihren Körper und helfen nicht nur Ihnen, sondern geben auch Ihrem Mann ein gutes Gefühl, weil Sie sich gut schauen. Auf der emotionalen Eben könnten Sie den Satz ausprobieren und sagen: «Ich bin gut so wie ich bin.» Achten Sie dabei darauf, wie es sich in Ihnen anfühlt, wenn Sie sich selbst dies sagen und wie es sich verändert über die Zeit, wenn sie ihn ab und an wiederholen. Das mag simpel klingen, kann aber auf Dauer die Überzeugung von ihnen aufweichen, dass sie nur gut sind, wenn sie etwas leisten. Sprechen Sie sich ab mit Ihrem Mann, um gemeinsam herauszufinden, wie Sie kleine Dinge im Alltag erledigen können, die Ihrem Körper angemessen sind und Ihnen guttun. Vielleicht ergänzen Sie die Arbeiten auch mit neuen Tätigkeiten, welche wenig Energie benötigen. Bauen Sie regelmässige Pausen in Ihren Alltag ein und sagen Sie es Ihrem Mann, wenn sie eine Auszeit benötigen. Wichtig ist das Sie sich in kleinen Schritten herantasten an die Tätigkeiten und so gemeinsam mit Ihrem Mann einen Weg finden, der für sie beide stimmig und realistisch ist.

David Siegenthaler, Paarberatung und Mediation im Kanton Zürich, Beratungsstelle Uster

Dieser Artikel wurde am 12.08.21 im Stadtanzeiger Opfikon-Glattbrugg veröffentlich.