Im Homeoffice kann ich meiner nörgelnden Frau kaum mehr ausweichen. Sie ist immer am Arbeiten, nie ist alles erledigt. Mir bleibt nur noch der Rückzug vor den Bildschirm. Wäre es doch einmal einen Abend lang gut und harmonisch. So könnte ich mich entspannen und Freude an der Familie haben. Das täte mir gut. Und ich wüsste wieder, dass ich selber gut bin. Was kann ich machen?

Tatsächlich bringt das Homeoffice neue Herausforderungen mit sich. Bisher bestand das gewohnte Zusammenleben aus aufstehen, arbeiten gehen und abends nach Hause kommen. Plötzlich verringert sich der Arbeitsweg auf die Distanz zwischen Bett und Wohnzimmer. Wenn beide Partner ganztags zu Hause arbeiten, stehen sie unter ungewohnter Beobachtung: «Sind die Flaschen jetzt entsorgt? Hilfst du den Kids beiden Aufgaben?» Die Trennlinie zwischen Privatleben und Beruf verwischt. Gleichzeitig besteht keine Definition, wann genug gearbeitet ist und wann die Freizeit- und Erholungsphase beginnt. Und jetzt im Winter fehlen in der Monotonie der vier Wände zusätzlich Sonnenlicht und frische Luft.

Sie beschreiben die nicht enden wollende Geschäftigkeit der Frau. Tatsächlich haben Frauen oft eine «to do»-Liste im Kopf, die abgearbeitet werden möchte. Der Alltag mit Familie bringt lange Einkaufslisten mit sich, unangenehme Zahnarzttermine und anstrengende Elterngespräche in der Schule. Die Organisation eines Familiensystems verlangt nach Managerqualitäten. Das ist viel Arbeit ohne Leistungslohn zum Ende des Jahres.

In Ihrem Fall sieht es so aus, dass es einen Grund für das Nörgeln der Frau geben muss. Wenn Sie sich Zeit nehmen zum Nachfragen und Zuhören, werden Sie mehr wissen. Meine Annahmen aus der Beratungserfahrung sind: Die Frau möchte unterstützt, gesehen und wertgeschätzt werden. So einfach ist das. Dann wird es auch möglich werden, mit der Frau einen Feierabendtermin auszuhandeln. Ab wann ist Freizeit im Familien-Homeoffice? Damit wären Sie aus meiner Sicht dem Ziel eines ruhigen und harmonischen Abends näher gerückt. Eventuell sitzt das Paar sogar zusammen auf dem Sofa und hats kuschelig gemütlich. Und Sie wüssten, dass Sie gut sind.

Dieser Artikel ist erschienen im «reformiert» (www.reformiert.info)
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