Mein Mann und ich haben zwei kleine Kinder und sind beruflich sehr eingespannt. Das ist anstrengend, aber ja auch normal. Seit Kurzem will mein Mann ständig über eine Affäre reden, die ich in unserer Anfangszeit hatte. Ich hatte ihm das damals erzählt, er konnte bisher gut damit leben. Nun fürchtet er, dass ich wieder eine Affäre habe. Er leidet, und ich bin gestresst. Wie kann ich ihm helfen?
Dass alte Geschichten wieder hoch kommen, beschreiben viele Paare in der Beratung. Ich vermute, dass Sie viel zusammen aufgebaut haben in den letzten Jahren. Zwei kleine Kinder, zwei fordernde Berufe, einen gemeinsamen Haushalt – Sie haben eine prall gefüllte Agenda. Warum taucht gerade jetzt eine ältere Geschichte auf? Es wird Gründe geben, warum eine längst vergangene Enttäuschung und Kränkung sich meldet. Die aktuelle Krise ist eine Gelegenheit, zu schauen, was dahintersteckt. Denn alte Geschichten kommen meist wegen neuer, aktueller Anlässe hoch.
Ihr Partner hat vielleicht zurzeit ein grösseres Sicherheitsbedürfnis. Gibt es berufliche, gesundheitliche, soziale oder ökonomische Sorgen, die Ihren Mann in seinem Selbstverständnis belasten könnten? Oder braucht Ihre Paarbeziehung mehr Pflege, nebst Kinderprogramm und Arbeitsstress? Vielleicht deutet sein Verhalten an, dass Ihre Intimität mehr Aufmerksamkeit verdient?
Sie tun gut daran, die aktuelle Situation ernst zu nehmen. Zu erfragen, welche Gefühle, Anliegen hinter seiner Unsicherheit stehen. Sie können Ihrem Mann nicht abnehmen, wieder und wieder Ja zu Ihnen zu sagen, vielleicht auch gerade wegen Ihrer Beziehungsgeschichte. Manchmal lohnt sich auch nochmals ein Blick zurück. Die Verarbeitung von Verletzungen braucht zuweilen unerwartet Zeit, vielleicht möchte Ihr Mann eine neue für ihn wichtige Erkenntnis aus der Zeit damals mit Ihnen teilen. Trinken Sie zusammen auf dem Sofa einen Tee. Gehen Sie am Abend spazieren. Fragen Sie ihn, was hinter der Affärenfrage stehen könnte. Organisieren Sie eine Kinderhüte und unternehmen Sie gemeinsam eine Wanderung. Sitzen Sie an den Waldrand, atmen Sie tief ein und aus und reden Sie. Wenn Sie nicht weiterkommen, empfehle ich eine Paarberatung.
Martin Bachmann, Paarberatung und Mediation im Kanton Zürich, Beratungsstelle Dietikon
Dieser Artikel wurde in der reformiert Zeitung unter der Rubrik «Lebensfragen» am 25.04.2025 veröffentlicht.