Beziehungsstile
Beziehungsstile sind so vielfältig wie die Menschen selbst. Manche führen ihr ganzes Leben lang eine klassische monogame Beziehung, in der romantische und sexuelle Gefühle ausschliesslich mit einer Person geteilt werden. Andere leben ihre Sexualität transparent innerhalb sowie ausserhalb ihrer Beziehung aus, was oft als offene Beziehung bezeichnet wird. Wenn Paare ihre Sexualität mit anderen teilen, spricht man von Swinger-Paaren. Wenn Romantik und Sexualität transparent mit mehreren Partnern geteilt werden, bezeichnet man dies als Mehrfachliebe oder Polyamorie.
Wie finde ich heraus, welche Beziehungsform für mich passt?
Um dies herauszufinden, bedarf es einiger Selbstreflexion. Die folgenden Fragen unterstützen dabei: Was sind deine Bedürfnisse in einer Beziehung? Wie viel Anerkennung und Begehren möchtest du? Suchst du immer wieder den Reiz des Neuen und Unbekannten? Kannst du die Lust in einer monogamen Beziehung aufrechterhalten? Möchtest du regelmässig mehrere Personen lieben und die Zeit und Kraft aufwenden, um mehrere intime Beziehungen zu leben? Kannst du es aushalten, wenn eine intime Person auch mit anderen intim ist? Das Teilen der Intimität mit mehreren kann auch zu Verletzungen führen; wie gehst du mit Verletzungen um?
Es gibt kein Schema F. für Paare
Beziehungsstile haben kein klares Regelsystem, das immer gleich funktioniert. Trotzdem gibt es Ansätze, die helfen können, dass Beziehungen auf Dauer funktionieren. So hilft eine regelmässige Auseinandersetzung in der Beziehung, um sich immer wieder gemeinsam zu finden. Das könnten Fragen sein wie: Wo sind unsere Grenzen als Paar? Was dürfen wir mit anderen tun? Was zeichnet unsere Beziehung aus und macht sie für uns exklusiv? Was verbindet uns? Wie viel Freiheit und Sicherheit brauchen wir? Am Ende ist es wichtig, seine eigenen Grenzen gut zu kennen und zu respektieren. Woran würdest du merken, dass du über deine eigenen Grenzen gehst? Oftmals gibt es Gefühle, eigene Werte und Überzeugungen, die dabei ein wichtiger Indikator sind, ob du dich noch im grünen Bereich (des Ampelsystems) befindest. Wird es langsam grenzwertig mit dem, was du oder dein Partner tut, ist es oft gelb und unklar. Wenn es schon weit über eure Grenzen geht, seid ihr im roten Bereich und es gibt klare Verletzungen. Überprüft regelmässig, in welchem Bereich du und deine Beziehung sind. Fragt euch, ob ihr es für euch selbst tut oder «nur» für den Partner. Welchen Preis hat der jetzige Lebensstil, und seid ihr bereit, diesen weiterhin zu bezahlen? Was hat das für Auswirkungen auf eure Beziehung?
Versuch und Irrtum
Macht Gedankenexperimente und überlegt gemeinsam, was wäre, wenn ihr XY zusammen oder alleine macht mit anderen. Was löst dies für Gefühle in euch aus und wo wärt ihr im Ampelsystem? Dies ist ein guter Indikator, um zu merken, wo ihr steht. Falls ihr die Beziehung langsam öffnen möchtet, empfiehlt sich das Ausprobieren in kleinen Schritten. Was wäre für euch als Paar ein kleiner möglicher Schritt, den ihr gehen könntet und ausprobieren möchtet? Mit dieser Form des Austestens und Hinterfragens hoffe ich, dass ihr den Beziehungsstil findet, der zu euch passt und sich für euch richtig anfühlt. Ich wünsche euch von Herzen Erfolg bei der Findung eures Beziehungsstils!
David Siegenthaler, Paarberatung und Mediation im Kanton Zürich,
Beratungsstelle Uster
Dieser Artikel wurde im HAZ-Magazin unter der Rubrik «BEZIEHUNGSFRAGEN» am 22.03.24 veröffentlicht.
