«Bis das der Tod uns scheidet: In einer Zeit, in der fast jede zweite Ehe geschieden wird, ist das Ehegelöbnis häufig zu einer leeren Floskel verkommen. Nicht so bei Irmgard Kuhn, 82, aus Zürich. Sie war 59 Jahre verheiratet und hat keinen Tag davon bereut.»
Ich war 19 Jahre alt und kam gerade von einem dreimonatigen Aufenthalt in England zurück, als ich Erwin im Kirchenchor in Zürich kennenlernte. Die Liebe zur Musik verband uns. Trotzdem dauerte es ein halbes Jahr, bis wir uns das Du anboten.
Erwin arbeitete in Zürich, um später studieren zu können. Er besass einen Roller, was zur damaligen Zeit eine Seltenheit war. Das erlaubte uns, viele Ausflüge zu unternehmen und im Winter Skifahren zu gehen. So lernten wir uns immer besser kennen und schätzen, bevor wir ein Paar wurden.
Ob es Liebe auf den ersten Blick war, kann ich nicht mehr sagen. Aber wir hatten einige gemeinsame Hobbies. Das finde ich sehr wichtig. Ausserdem teilten wir die gleiche Zukunftsvorstellung. Wir wollten beide viele Kinder und ein Haus mit Garten. Unsere Liebe wurde immer intensiver. Nach zwei Jahren beschlossen wir zu heiraten.
Die Familie meines Mannes hat mich nach der Hochzeit sehr warm aufgenommen. Ich verstand mich sehr gut mit seinen Eltern und wir unternahmen in jungen Jahren auch viel mit seinen Geschwistern. Die Familie war uns wichtig. Diese Verbindung war etwas Schönes und etwas, das ich bis dahin nicht so kannte.
Unser Wunsch war es, vier Kinder zu haben – und er ging sehr bald in Erfüllung. Wir genossen die Jahre, in denen sie aufwuchsen und lebten ihnen vor, wofür wir einstanden und was uns auch für sie wichtig war. Als die Kinder später ausflogen, genossen wir wieder mehr Zweisamkeit und unternahmen viele schöne Reisen mit unserem Wohnmobil.
Aufgrund des Berufs meines Mannes zogen wir oft um. Trotzdem konnten wir immer in einem Haus mit Garten leben. An der letzten Adresse waren wir fast 30 Jahre. Unser gemeinsames Interesse für die Natur war wichtig. So haben wir es geschafft, unseren Garten in ein wahres Paradies zu verwandeln.
Das Allerwichtigste in einer Ehe ist Vertrauen und Ehrlichkeit. Natürlich darf man nebenher Kontakt zu Freunden pflegen. Aber Affären sind nicht erlaubt. Und man sollte immer ehrlich erzählen, wo man sich rumgetrieben hat – ohne Heimlichkeiten.
Leider wurde mein Mann dann sehr krank. Ich habe ihn bis zur letzten Stunde im Haus gepflegt. Auseinanderzugehen, bevor dass der Tod uns scheidet, hätten wir nie für möglich gehalten.
Unsere Liebe hat fast ein ganzes Leben gehalten und uns stets getragen.