Für einmal steht hier keine Frage im Zentrum sondern ein Appell der Paarberaterin. Paare kommen oft erst in die Beratung, wenn ihnen das Wasser bis zum Hals steht. Die ewig gleichen Konflikte nehmen zu viel Raum ein, Kränkungen sind an den Tagesordnung, abwertende Bemerkungen oder eisiges Schweigen. Der tägliche Stress im Arbeitsleben, die Anforderungen der heutigen Gesellschaft, die Erziehungsarbeit kosten Zeit und Energie. Die Pflege der Beziehung kam zu kurz. In der Verliebtheitsphase passiert Folgendes automatisch: Man nimmt sich Zeit füreinander, ist freundlich, hat grosses Interesse an der anderen Person, unterstützt sich gegenseitig, entdeckt die gemeinsame Sexualität. Das schafft Verbindung und Verbindlichkeit, ist das Fundament für das was frischgebackene Paare sich erhoffen: die viele Jahre andauernde Partnerschaft. Was braucht es, damit die Liebe und Wertschätzung sich nicht davonstiehlt? Was den Verliebten auf dem Silbertablett serviert wird, gilt es nun bewusst einzubauen in den Alltag und in der Agenda freizuhalten: Zeit füreinander, Momente der Intimität. Interesse aneinander, einander zuhören, Fragen stellen. Hier kommt nun der Appell! Hören Sie nie auf, Interesse aneinander zu zeigen, einander zuzuhören, Fragen zu stellen, freundlich zu sein miteinander, kleine Rituale wie Kuss zur Begrüssung oder ein Tschüss beim Weggehen zu pflegen, dem anderen einen kleinen Gefallen machen. Falls Sie es tun, machen Sie weiter damit oder machen noch mehr davon. Der bekannte amerikanische Psychologe John Gottman machte eine spannende Beobachtung. Stabile und zufriedene Paaren geben sich mehrheitlich positive Botschaften, genauer gesagt, fünf positive Interaktionen wiegen eine negative Botschaft auf. Das bedeutet, eine abwertende Bemerkung gegenüber dem Partner oder der Partnerin kann aufgefangen werden mit fünf Botschaften der Zuneigung, etwa eine wertschätzende Aussage, eine Nachfrage, ein aufmunternder Blick, eine Umarmung oder eine liebevolle Geste der Wertschätzung. Manchmal fällt es schwer, dieses Wissen in die Praxis umzusetzen. Wenn man sich in den Diskussionen zu zweit im Kreis dreht und nicht mehr weiterkommt, kann es helfen, vertraute Freunde hinzuzuziehen oder in eine Paarberatung zu gehen. Am besten, wenn das Beziehungskonto noch nicht leer ist. Die Beziehung ist wie eine Pflanze, bei guter Pflege entwickelt sie sich besser als wenn Wasser, Licht und Dünger Mangelware sind.
Salome Roesch, Paarberatung und Mediation im Kanton Zürich, Beratungsstelle Wetzikon
Dieser Artikel wurde am 08.07.21 im Stadtanzeiger Opfikon-Glattbrugg veröffentlich.