Meine Partnerin und ich haben immer wieder Streit wegen des Haushalts. Ich bin viel ordentlicher oder, wie meine Partnerin es nennt, «pingelinger». Ich fühle mich einfach nicht wohl, wenn es nicht aufgeräumt und sauber ist. Nun habe ich aber keine Lust, immer hinter ihr herzuräumen, und dieses Thema steht wirklich zwischen uns. Sie sagt, dass sie meinen Ansprüchen nicht genügen könne und sich auch nicht komplett ändern könne und wolle. Muss ich unsere Unterschiedlichkeit einfach akzeptieren?
Was sie schildern, kennen viele Paare. Schliesslich ist es schon eher Zufall, wenn zwei Menschen die genau gleichen Vorstellungen und Bedürfnisse haben, was Sauberkeit und Ordnung angeht. Zuerst einmal gilt es wohl zu akzeptieren, dass Sie beide unterschiedliche Bedürfnisse haben. Bedürfnisse suchen wir uns nicht aus und sie sind auch nichts, was wir einfach so ändern können.
Vielleicht ertappen Sie sich manchmal bei Gedanken wie «Wenn du mich lieben würdest, dann würdest du doch…(meinem Bedürfnis nachkommen)». Meist vergisst man, dass beim Gegenüber vielleicht ein anderes Bedürfnis vorherrscht. Spielraum haben Sie beide aber natürlich trotzdem. Hier stellt sich die Frage, welchen Ihrer Bedürfnisse Sie nachgeben und nachgehen möchten und wie weit Sie beide bereit sind, einander entgegenzukommen. Sammeln Sie doch einmal gemeinsam, welches die 5 Kernthemen betreffend Haushalt sind (beispielsweise Sauberkeit in Küche, Ordnung bei den Spielsachen der Kinder et cetera). Überlegen Sie im Anschluss beide für jeden Bereich, wie viel Sie einander entgegenkommen möchten und können. Vielleicht ist es für Sie ok, dass im Lavabo jeweils Wasserflecken sind, die Sie noch kurz wegwischen, weil Ihre Partnerin sich weniger achtet, aber es stresst Sie wirklich, wenn das Geschirr nicht in die Abwaschmaschine eingeräumt wird? Und Ihre Partnerin kann sich vorstellen, am Abend alle liegen gebliebenen Spielsachen der Kinder wegzuräumen, aber nicht alle 30 Minuten alles wieder einzusammeln? Welche Lösungsansätze können Sie einander vorschlagen? Wo können Sie aufeinander eingehen?
Treffen Sie dort verbindliche Abmachungen, wo es wirklich notwendig ist, und versuchen Sie dafür, sonst «kulant» miteinander zu sein. Auch eine klare Aufteilung der Zuständigkeiten kann helfen. Und versuchen Sie Ihren Blick dafür zu
schärfen, wo Ihre Partnerin (bereits) versucht, Ihnen entgegenzukommen, und teilen Sie Ihr mit, dass Sie Ihre Bemühungen wahrgenommen haben. Es muss also weder die Beziehung noch Ihre Partnerin oder Sie als Person in Frage gestellt werden. Vielmehr geht es hier um die Kunst des Verhandelns und den steten Tanz zwischen Akzeptanz und (gegenseitiger) Anpassung.
Noëmi Ruther, Paarberatung und Mediation im Kanton Zürich,
Beratungsstelle Wetzikon
Dieser Artikel wurde im Stadt-Anzeiger Opfikon Glattbrugg unter der Rubrik «DER GUTE RAT» am 28.03.2024 veröffentlicht.