«Meine Partnerin und ich sind beide Ende Zwanzig und seit 8 Jahren zusammen. Als ich sie kennengelernt habe, war sie noch mitten im Studium, während ich bereits verdiente. Ich habe eine kaufmännische Lehre bei der SBB absolviert. Während ihres Studiums konnte meine Partnerin keine grossen Sprünge machen und so habe ich immer wieder grössere Auslagen «gesponsert», unter anderem auch unsere gemeinsamen Ferien. Dies war für mich selbstverständlich und ich habe es auch gerne gemacht. Nach Abschluss ihres Studiums vor 3 Jahren hat meine Partnerin eine gute Stelle gefunden und wir haben die Kosten geteilt. Vor 6 Monaten konnte sie einen Karrieresprung machen und damit einhergehend ist ihr Lohn auch so angestiegen, dass sie nun einiges mehr verdient als ich. Meine Partnerin ist intelligent und kann sich gut ausdrücken; auch geht sie in ihrer neuen Aufgabe völlig auf. Ich fühlte mich in den letzten Jahren ihr gegenüber immer mal wieder unterlegen, konnte dies aber soweit gut mit mir ausmachen. Diese LohnUngleichheit verunsichert mich nun zusätzlich. Was meinen Sie?»

Sie waren beide sehr jung, als Sie sich kennengelernt haben; während Sie in den Startlöchern Ihrer Berufstätigkeit standen, befand sich Ihre Partnerin noch im Studium. Nach einem mehrjährigen Studium in die Arbeitswelt einzutauchen ist nicht nur für die betroffene Person ein «life-event», sondern betrifft natürlich auch den Partner. Da Sie schon ein paar Jahre zusammen sind, gehe ich davon aus, dass Sie ähnliche Interessen und Vorstellungen haben, auch schon einiges gemeinsam erlebt haben. Mit der ökonomischen Unabhängigkeit Ihrer Partnerin haben sich vielleicht gemeinsame Ideen und Pläne verändert. Haben Sie mit ihr darüber geredet?
Sie beschreiben auch, dass Ihre Partnerin sich bei der Arbeit sehr engagiert. Sorgen Sie sich, dass sie keine Zeit mehr für Sie und die Beziehung hat? Laden Sie Ihre Partnerin ein, um über Ihre Zukunft zu reden; wie möchten Sie gemeinsam zukünftig Ihre Beziehung gestalten? Wie sieht es mit den beruflichen Wünschen aus? Möchte sie Karriere machen? Wäre jetzt für Sie Gelegenheit eine Weiterbildung zu machen und Ihre Partnerin übernimmt den finanziellen Ausgleich? Ist eine Familiengründung ein Thema? Falls ja, wie sollte dies aussehen?
Eine Beziehung ist ein Nehmen und ein Geben. Anstatt zu stark die Lohnzahlen im Kopf zu haben, geht es vielleicht einfach darum einen neuen Lebensentwurf als Paar zu gestalten, neue Wünsche und Ideen einzubringen. Und dies auf dem Fundament Ihrer langjährigen Beziehung.

Dieser Artikel ist erschienen im Stadt-Anzeiger Opfikon Glattbrugg