Ich bin etwas verunsichert, ob das normal ist. Mein Mann kommt von der Arbeit heim, sagt mir grad so knapp hallo, dann kümmert er sich meist um die Kinder, damit ich das Abendessen fertig machen kann. Kaum haben wir die Kinder im Bett und das Nötigste aufgeräumt, haut sich mein Mann vor den Fernseher oder er daddelt auf dem Handy rum. Ich glaube, er interessiert sich nicht mehr für mich und er ist ein richtiger Langweiler geworden.
Sie haben beide einen strengen Tag, Sie mit der Familienarbeit und Ihr Mann bei der Erwerbsarbeit. Es ist sehr normal, dass dann abends der Akku leer ist und keine Energie mehr übrig ist. Und es ist nachvollziehbar, dass Sie das Bedürfnis nach Austausch auf der Erwachsenenebene haben. Der Alltag mit kleinen Kindern ist zwischendurch langweilig, vieles wiederholt sich täglich. Verständlich, dass Sie sich nach Abwechslung sehnen. Es stellt sich die Frage, wer verantwortlich ist, dass dieser Wunsch Realität wird. Sie hoffen, dass Ihr Mann dies als seine Zuständigkeit sieht, da Sie ja die gemeinsamen Kinder erziehen und den Haushalt erledigen. Was denken Sie, wie es Ihrem Mann geht, wenn er von der Arbeit heimkommt? Wie ist sein Arbeitstag, hat er es mit Menschen zu tun, sitzt er vor einem Computer, arbeitet er körperlich? Welche Anforderungen hat er in seinem Berufsalltag? Nach diesem Perspektivenwechsel könnten Sie das Gespräch mit Ihrem Mann suchen. Wie sieht er die Situation? Vielleicht ist das Abhängen vor dem Fernseher für ihn Erholung? Sie haben vermutlich eine andere Vorstellung von Erholung: Mit Ihrem Mann ein anregendes Gespräch führen, Zuwendung und Interesse von seiner Seite. Daher ist es wichtig, dass Sie Ihre Vorstellungen von Erholung miteinander besprechen. Wie kann den unterschiedlichen Bedürfnissen Rechnung getragen werden? Wo gibt es für Sie Möglichkeiten, die Eintönigkeit der Betreuung von kleinen Kindern zu unterbrechen? Sei es, dass Sie regelmässig einen Abend frei schaufeln, wo Sie etwas Anregendes und Nährendes für sich unternehmen. Oder Sie organisieren sich mit Freundinnen oder Grosseltern, dass Sie tagsüber Freiraum bekommen. Wenn Sie für sich mehr Zufriedenheit haben, dann strahlt das auch in die Paarbeziehung hinein. Während der Phase mit den kleinen Kindern sind die Momente der gegenseitigen Zuwendung auf der Paarinsel etwas Kostbares, die sich nicht einfach so ergeben, sondern organisiert sein wollen.
Salome Roesch, Paarberatung und Mediation im Kanton Zürich, Beratungsstelle Wetzikon
Dieser Artikel wurde im Stadt-Anzeiger Opfikon Glattbrugg unter der Rubrik «DER GUTE RAT» am 14.03.2024 veröffentlicht.