Wir sind beide anfangs Dreissig und haben letztes Jahr nach 8 Jahren Beziehung geheiratet, weil wir eine Familie gründen wollten. Da ich nicht schwanger wurde, haben wir uns untersuchen lassen, um herauszufinden, woran es liegen könnte. Dabei wurde bei meinem Mann ein Knoten gefunden: Hodenkrebs! Die Diagnose war für uns beide ein Schock. In der Zwischenzeit wurde meinem Mann der betroffene Hoden entfernt und er hat gute Aussichten, dass er wieder vollständig gesund wird. Der Arzt meinte, dass er auch Kinder zeugen kann. Ich hatte den Eindruck, dass wir auf einem guten Weg sind und dies auch gemeinsam meistern werden. Jetzt hat mir mein Mann eröffnet, dass er sich nicht mehr sicher sei, ob er wirklich Kinder haben möchte. Und da dies aber mein innigster Wunsch sei, schlage er vor, dass wir uns trennen. Ich bin völlig vor den Kopf geschlagen. Ich liebe meinen Mann. Was kann ich tun?
Eine Krebsdiagnose ist meist unerwartet und schockierend. Sie stellt das ganze Leben auf den Kopf und konfrontiert uns unmissverständlich mit unserer Endlichkeit. Dass das Leben plötzlich vorbei sein kann, ändert alles. Es löst starke Gefühle wie Angst, Ohnmacht, Trauer oder Wut aus und damit umzugehen ist weder für die Betroffenen selber noch für die Angehörigen einfach. Es findet eine Auseinandersetzung mit existentiellen Fragen rund um Sinn, eigener Identität und Wertehaltungen statt.
So kann sich auch der Kinderwunsch «in einem neuen Licht darstellen»: Lebe ich solange, dass ich meine Kinder bis zu ihrem Erwachsen sein begleiten kann? Will ich es Ihnen zumuten, vielleicht viel zu früh, nicht mehr für sie da zu sein? Und damit einhergehend, soll meine Frau auf Kinder verzichten, weil ich keine mehr möchte oder haben kann? Auch wenn Ihr Mann gute Prognosen hat, bleiben Zweifel, ob der Krebs wirklich besiegt ist.
Aufgrund Ihres Schreibens, gehe ich davon aus, dass diese Diagnose noch nicht so lange im Raum steht. Entscheiden Sie beide nichts überstürzt. Es braucht Zeit und viele Gespräche, um diese schwierige Situation zusammen durchzustehen und zu meistern. Es gilt nun, Ihre Zukunft muss neu zu kreieren und zu planen. Holen Sie sich dafür fachliche psychoonkologische Beratung und Unterstützung bei Ihren Freunden und Bekannten oder bei anderen Betroffenen (www.krebsliga.ch).
Ich wünsche Ihnen viel Mut und Geduld dazu!