Wann oder warum kommt diese Frage auf?
Zum Beispiel, wenn die intensiven Gefühle abnehmen, wenn der Fokus auf den weniger attraktiven Seiten meines Partners/meiner Partnerin liegen, wenn man sich zu sehr aneinander gewöhnt hat, wenn keine Weiterentwicklung spürbar ist. Es kann viele Gründe für diese Frage geben. Grundsätzlich darf immer mal wieder gezweifelt werden, denn Zweifel fordert eine neue innere Auseinandersetzung und ein neues Bekenntnis heraus.

Gehen Frauen und Männer unterschiedlich mit dieser Frage um?
Ich erlebe öfters Frauen, die eine Beziehung in Frage stellen oder gleich beenden, mit der Begründung, ihre Gefühle seien weg. Von Männern habe ich dies noch kaum so gehört.

Wie können Paare mit dieser Ambivalenz in der Beziehung umgehen?
Langfristig glückliche Beziehungen reifen durch die verschiedensten Phasen hindurch. Ich vergleiche dies gerne mit einer Reise, die durch unterschiedlichste Landschaften führt, mal ist es sehr anstrengend, mal ist es leicht und erfreulich, mal durstig und heiss und dann wieder sehr kalt. So kann manchmal ein Kopfentscheid helfen, eine emotionale Durststrecke durchzustehen. Auf die Dauer brauchen wir aber die emotionale Verbundenheit.

Wie kann ein Paar die Beziehung im Alltag pflegen?
Liebe kann ein Paar einander bewusst jeden Tag zeigen oder sagen. Eine Beziehung ist Entscheid und Gefühl. Es braucht beides, und manchmal ist das eine stärker, manchmal das andere.

Ist es so, dass heute Beziehungen im Vergleich zu früher schneller und lockerer ausgetauscht werden?
Diese Tendenz scheint mir vorhanden zu sein. Einerseits besteht heute der Anspruch, dass alles tipptopp funktionieren und Spass machen muss. Wenn das nicht mehr garantiert ist, sucht man sich etwas Neues. Heute ist es auch möglich, alles im Internet zu bestellen – auch Glück und Sex. Aber meistens währt das nur eine kurze Zeit.

Wie finden wir denn das dauerhafte Glück?
Das dauerhafte, verlässliche Glück finde ich nicht bei den anderen. Dafür ist nicht die Partnerin oder der Partner zuständig. Ich muss mir das selber erarbeiten, es findet in mir selbst statt.

Viktor Arheit, Paarberatung und Mediation im Kanton Zürich,
Beratungsstelle Affoltern am Albis

Dieser Artikel wurde im Anzeiger Bezirk Affoltern unter der Rubrik «RATGEBER BEZIEHUNG» am 18.04.23 veröffentlicht.

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