Es gibt Menschen, die ständig etwas zu jammern haben. Kennen Sie das aus Ihrer Beratungspraxis?
Durchaus. Das Jammern über die Partnerschaft ist weitverbreitet. Aber es gibt auch das Jammern über die Politik, die bösen Obrigkeiten, darüber, dass alles zu teuer ist, dass die Jugend verwahrlost, das Essen im Hotel nicht gut war oder, dass das Wetter zu kalt, zu heiss, zu trocken oder zu nass ist. Und so weiter.

Sind das Luxusprobleme?
Ja sicher. Wir haben alles und regen uns wegen Unwichtigen auf. Wir sind nicht mehr in der Lage, einfach zufrieden und dankbar zu sein. Der Fokus wird auf das gerichtet, was nicht vorhanden ist oder nicht genau den Erwartungen und Vorstellungen entspricht. Man sagt doch, das Glas kann halb voll oder halb leer sein. Das Glas ist nie ganz voll. Das Ideal gibt es nicht. Es geht um unsere Einstellung zum Leben. Es gibt viele Dinge, die kann ich nicht ändern, aber meine Einstellung, die kann ich ändern. Das ist zwar nicht ganz einfach, aber es ist für jede und jeden machbar. Es ist mein Entscheid, ob ich auf das Fehlende starre oder die Selbstverantwortung übernehme und zufrieden bin mit meinem Leben.

Woher kommt die Unzufriedenheit, die viele Menschen in sich tragen?
Psychologisch gesehen ist sie meistens auf die eigenen inneren Selbstzweifel und die Selbstkritik zurückzuführen. Um sich dies selbst nicht einzugestehen, kritisiert man ständig die Aussenwelt.

Wie wirken sich das Jammern und die Unzufriedenheit in einer Beziehung aus?
Wenn es ein ständiges Jammern ist, dann ist dies destruktiv. Wenn es aber eine konstruktive Unzufriedenheit ist, dann kann es Sinn machen.

Was meinen sie damit?
Unzufriedenheit kann positiv gedeutet auch als Antrieb für Veränderung gesehen werden. Wenn man seine Unzufriedenheit nutzt und – wo dies möglich ist – Dinge ändert, dann kann dies das persönliche Glück und auch das Partnerschaftsglück fördern.

Ist Jammern gesundheitsschädigend?
Wenn Jammern zum Lebensinhalt wird, ist ein Mensch von negativen Gefühlen geprägt. Das ist sicher nicht gesund.

Was wäre denn gesund?
Das Positive sehen und auch mal über etwas Störendes lachen.

Viktor Arheit, Paarberatung und Mediation im Kanton Zürich,

Beratungsstelle Affoltern am Albis

Dieser Artikel wurde im Anzeiger Bezirk Affoltern unter der Rubrik «RATGEBER BEZIEHUNG» am 25.05.24 veröffentlicht.

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