Ich lebe glücklich in einer Beziehung seit 12 Jahren. Meistens habe ich aber leider keine Lust auf Sex. Es ist die Erwartung von meinem Mann die ich spüre, welche für mich Druck macht. Ich habe generell das Gefühl Erwartungen liegen schwer auf meinen Schultern, obwohl mein Partner sehr viel Verständnis für mich hat. Was kann ich machen?

Es freut mich, dass Sie auch nach all den Jahren ein gutes Team sind und ihr Partner viel Verständnis hat für Sie. Das Gefühl von Druck ist ein bekannter Killer für die Lust. Für Sie scheinen Erwartungen viel Druck auszulösen und auch mit einer Bedrohung verbunden zu sein. Grundsätzlich sind Erwartungen erst mal neutral und werden dann von Ihnen bewertet und eingestuft. Es kann schonmal helfen zu verstehen, wo dieser Druck herkommt und dass es eine negative Erfahrung ist, die älter sein könnte als die Beziehung.

Die Erwartung ist also eine Erinnerung an etwas Schmerzvolles. Diese kann langsam, Schritt für Schritt und mit Geduld durch neue schöne Erfahrungen verändert werden. Eine Übung dazu kann die Umarmung bis zur Entspannung sein. Dabei Umarmen Sie sich als Paar bis sie spüren, wie sie sich in ihrem Körper entspannen können. Dies hilft Ihrem Gehirn und Körper mitzuteilen, dass Sie sicher sind. Vielleicht können Sie sich auch mit Ihren eigenen Erwartungen anfreunden. Überlegen Sie sich, auf was Sie Lust haben in der Sexualität mit Ihrem Partner. Werden Sie zur «Pornoautorin» und schreiben sie auf, wie ihr eigenes ideales sexuelles Szenario aussehen würde. Wenn Sie möchten, können Sie es ihrem Partner vorstellen. Es wird Ihnen helfen, wenn Sie spüren, dass Ihre eigene Autonomie respektiert wird. Wenn sie selber entscheiden dürfen, welche Wünsche Sie ablehnen und welche Sie erfüllen möchten entsteht eine neue Bewertung für Erwartungen. Ich wünsche Ihnen viel Geduld und Spass beim Anfreunden an die Erwartungen von Ihnen und ihrem Mann.

David Siegenthaler, Paarberatung und Mediation, Kanton Zürich, Beratungsstelle Uster

Dieser Artikel wurde im Stadt-Anzeiger Opfikon Glattbrugg unter der Rubrik «DER GUTE RAT» am 10.03.2022 veröffentlicht.

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