«Wenn man sich wertschätzt und respektvoll miteinander umgeht, verträgt es auch einmal Kritik»

In einer Zeit, in der fast die Hälfte aller Ehen geschieden wird, mag kaum jemand so richtig an die ewige Liebe glauben. Doch was braucht es, damit eine Liebe ein Leben lang hält und nach der Phase des Verliebtseins nicht nur Frustration und Ernüchterung übrig bleibt? Wir haben den PMZH-Berater Robert Büchel-Thalmaier um Antworten gebeten.

Herr Büchel-Thalmaier, womit sind die Paare, die zu Ihnen in die Beratung kommen, unzufrieden?
Häufig geht es um die Kommunikation miteinander. Die Paare klagen darüber, dass sie aneinander vorbeireden, sich gegenseitig nicht verstanden fühlen oder wegen Kleinigkeiten in Streit geraten. Das löst dann häufig eine ganze Eskalationsspirale aus. Sie haben dasGefühl, dass sie sich im Kreis drehen und da selbst nicht mehr rausfinden. Leider kommen die Paare meist erst zu mir, wenn die Unzufriedenheit bereits sehr gross ist. Dabei würde es durchaus Sinn machen, einfach vorzusorgen und die Beziehung mit einem präventivenPaarberatungsgespräch in Schwung zu halten.

Wie können Sie im Konfliktfall Gegensteuer geben?
Zentral ist es, sich auch im Falle von Meinungsverschiedenheiten mit Respekt zu begegnen und sich fair auszutauschen. Dafür gibt es einige Grundregeln in der Kommunikation.Etwa, dass man von sich redet (Ich-Botschaft), konkret («immer», «nie», «typisch» sindGiftwörter) oder als Zuhörer wirklich zuhört, zusammenfasst was der bzw. die andere gesagt hat ohne hineinzuinterpretieren. Doch auch wenn diese Regeln den meisten Paaren geläufig sind – sie anzuwenden, braucht etwas Übung. Das kann man lernen – zum Beispiel im geschützten Rahmen einer Beratung.

Wenn es so einfach wäre, Konflikte aus der Welt zu schaffen, würden kaum so viele Beziehungen zerbrechen.
Manchmal ist es natürlich auch so, dass hinter wiederkehrenden Konflikten eine negative Paardynamik steckt. Dann muss man tiefer gehen, um diese aufzulösen. Da reichen alleine Kommunikationstrainings nicht mehr. Auch muss man sich von der Vorstellung verabschieden, dass sich alle Meinungsverschiedenheiten lösen lassen. Aber vielleicht findet man eine Lösung, die für beide Seiten erleichternd wirkt. Es ist auch hilfreich, sich seinen Erwartungen bewusst zu werden, diese zu äussern und mit dem Partner zu diskutieren.

Warum kommt es überhaupt so weit?
Häufig sind äussere Umstände der Grund für Beziehungskrisen. Die Geburt eines Kindes oder neue Ansprüche im Berufsleben können zum Beispiel ein Auslöser sein. Man engagiert sich weniger für das Gegenüber und die Beziehung, die Kommunikation wird schwieriger und die gegenseitige Wertschätzung lässt nach. Das ist Gift für jede Beziehung. In so einem Moment ist die Gefahr gross, sich frustriert zurückzuziehen oder sich ausserhalb der Beziehung nach neuen Bekanntschaften umzusehen.

Was soll man in so einem Moment tun?
Man sollte sich bewusst wieder mehr Zeit füreinander nehmen. Nicht nur, um gemeinsam etwas Neues zu erleben, sondern auch um sich auszutauschen. Paargespräche, die über rein organisatorische Angelegenheiten hinausgehen, sind wichtig und schaffen Nähe. Ausserdem ist es zentral, einander mit Respekt und Achtung zu begegnen. Der amerikanische Paar-Forscher John Gott mann hat diesbezüglich eine einfache 5:1-Regel aufgestellt: Sagt eurem Gegenüber fünfmal etwas Wertschätzendes, dann erträgt es auch einmal Kritik.