«Mein Mann und ich streiten uns oft wegen der Erziehung unserer beiden Kinder (7 und 9 Jahre). Da ich Erzieherin bin, sagt er, ich wisse sowieso besser, wie es geht. Mit dieser Begründung hält er sich in vielen Situationen raus und lässt mich damit allein. Das überfordert mich häufig, da ich merke, dass ich mich meinen Kindern gegenüber nur schwer durchsetzen kann. Gleichzeitig bin ich wütend auf meinen Mann, was er hingegen nicht nachvollziehen kann. Er habe selbst in seinem Beruf genug um die Ohren, sodass er sich nicht auch noch darum kümmern könne. Das belastet unsere Beziehung sehr.»

Dass Sie in dieser schwierigen Situation den Mut fassen und um Rat fragen, ist ein erster Schritt, um aus der Hilflosigkeit herauszutreten. Es ist nur allzu verständlich, dass Sie sich mit der Situation sehr alleingelassen und wütend fühlen. Vermutlich sind Ihre Ansprüche hoch, die Erziehung gerade auch aufgrund Ihrer Profession «im Griff» haben zu müssen, was den Leidensdruck bei Ihnen noch erhöht. Stellen Sie daher Ihre Erwartungen an sich selbst auf den Prüfstand: Erlauben Sie sich, in Erziehungsfragen ebenso anstehen zu dürfen auch und gerade weil sie diesen beruflichen Erfahrungsschatz haben. Diese Erlaubnis kann Ihren Mann wiederum motivieren, sich vermehrt in der Erziehung Ihrer Kinder einzubringen. Fragen Sie ihn um Rat, beziehen Sie ihn mit ein und versuchen Sie ihn dafür zu gewinnen, die gefundenen Lösungen oder auch Regeln gemeinsam umzusetzen. Es ist wichtig, dass Ihr Mann spürt, dass Sie ihm hier etwas zutrauen. Anerkennen Sie auch minimales Engagement seinerseits und bedenken Sie, dass Veränderung Zeit braucht. Seien Sie bezüglich Ihrer Erwartung aber auch unmissverständlich klar und sagen Sie ihm, dass Sie beide für Ihre Kinder Verantwortung tragen, auch in der Erziehung. Sie wissen selbst am besten: Nur so können Sie als Eltern stark sein. Hilfreich wäre auch, wenn Sie sich beispielsweise am Wochenende in der Betreuung Ihrer Kinder gegenseitig entlasten. Dies schafft mitunter für Ihren Mann die Gelegenheit, sich in seiner Vaterrolle gänzlich auf die Kinder einzulassen, während Sie neue Kraft für den Alltag tanken können.

Dieser Bericht ist im Stadt-Anzeiger erschienen.
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