«Ich habe vor fünf Monaten mein zweites Kind im 4. Monat während der Schwangerschaft verloren. Es war sehr schwierig für mich, auch, da ich schon eine rechte Bindung zu dem Kind aufgebaut hatte. Mein Partner kann meinen Schmerz nicht so gut verstehen, er sagt, es sei wichtig loszulassen. Mir fällt das allerdings nicht so leicht, und doch möchte ich auch wieder nach vorne blicken können.»

Ein Kind zu verlieren – selbst wenn es noch nicht auf die Welt ge­kommen ist –, ist ein tiefer Verlust, den Sie selbst erleben mussten. Es ist also ganz natürlich, dass Sie dieser Verlust noch sehr schmerzt. Gefühle wie Trauer, Verzweiflung, Schuld, Angst oder Wut sind alle normal. Dass Ihr Partner von dem Verlust scheinbar weniger betroffen ist als Sie, könnte verschiedene Erklärun­gen haben. Die Bindung zu Ihrem Kind kann von Ihnen als stärker empfunden werden, da das Kind in Ihrem Körper herangewachsen ist. Der Vater kommt erst bei der Geburt zumindest physisch mit seinem Kind wirklich in Kontakt. Auch das abrup­te Wechselbad der Hormone ist nicht zu unterschätzen und kann extrem belastend sein. Viele Frauen kämpfen nach einer Fehlgeburt dazu mit Ge­danken wie «Mit mir stimmt etwas nicht» oder «Wieso klappt es bei mir nicht?». Der Mann richtet dagegen oftmals den Blick eher nach vorne: Er möchte, dass es seiner Partnerin wieder gut geht und sie nicht mehr unter dem Verlust leidet. Beide Part­ner können somit verschiedene Be­wältigungsstrategien besitzen, welche beide ihre Berechtigung haben. Allerdings sollte keiner erwarten, dass für den anderen die gleiche Strategie guttut wie für einen selbst.
Dennoch sollten Gefühle wie Wut, Trauer oder Scham nicht kleinge­macht oder ignoriert werden, son­dern brauchen Raum und viel Zeit. Versuchen Sie daher wahrzunehmen, was Sie für sich persönlich brauchen, und teilen Sie Ihrem Partner mit, wie er Sie ganz konkret unterstützen könnte. Womöglich geht es Ihnen we­niger darum, dass er Ihre Gefühle teilen muss, sondern einfach darum, dass er Ihnen eine Schulter zum An­lehnen geben kann. Auch ein ge­meinsames Abschiedsritual zu einem für Sie passenden Zeitpunkt, wie zum Beispiel einen gemeinsamen Namen aussuchen, kann bei der Bewältigung helfen.

Dieser Bericht ist im Stadtanzeiger Opfikon Glattbrugg erschienen.
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