Der Frühling ist eine wundervolle Zeit.
Der Winter ist vorbei, die Natur erwacht zu neuem Leben, und die wärmende Sonne ist endlich wieder da. Angeregt durch das Erwachen der Natur, kann der Frühling der Beziehung neuen Schwung verleihen und sie wieder zum Blühen bringen. Doch gibt es auch eine dunkle Seite des Frühling, und wie ist diese in der Beziehung spürbar? David Siegenthaler, Paarberater und Mediator beim öffentlichen Kompetenzzentrum für Paarbeziehungen, Paarberatung & Mediation im Kanton Zürich (PMZH), hat sich im Folgenden mit dem Thema auseinandergesetzt.
Was hat es wirklich mit den Frühlingsgefühlen auf sich?
Im Frühling erhöht sich die Lichtintensität, was laut einigen Studien zu vermehrter Ausschüttung von Serotonin, Östrogen und Testosteron führen soll. Serotonin sorgt für ein besseres Wohlbefinden und kann eine euphorische Stimmung hervorrufen. Dadurch werden bei vielen Menschen im Frühling die sogenannten Frühlingsgefühle ausgelöst. Diese können zu einer verstärkten Suche nach einem Partner oder einer Partnerin und Verliebtheit führen oder auch die Bindung zur jetzigen Partnerin oder zum Partner stärken. Entsprechende Reize durch leichte Kleidung können ebenfalls eine Rolle spielen. Es gibt aber auch Menschen, die im Frühling an Müdigkeit leiden, weshalb die Frühlingsgefühle nicht auf alle zutreffen.
Welche dunklen Seiten kann der Frühling mit sich bringen?
Es ist möglich, dass der Frühling und das Erwachen der Natur zu Unruhen in der Beziehung führen können. Wenn beispielsweise ein Partner das Gefühl hat, dass sich etwas ändern oder verbessern muss, kann es schnell zu Frustration und Konflikten kommen, wenn dies die andere Person nicht will. Zudem kann der Frühling auch Erwartungen und Idealvorstellungen in Bezug auf die Beziehung hervorrufen, die möglicherweise nicht erfüllt werden können. Wenn eine Partnerin beispielsweise erwartet, dass der Frühling die Beziehung auf magische Weise verbessert oder dass sie wie eine perfekte Liebesgeschichte verläuft, kann dies zu Enttäuschungen führen, wenn die Realität nicht den Erwartungen entspricht.
Können Frühlingsgefühle auch dazu führen, sich elend zu fühlen?
Durchaus! Man stelle sich vor, dass eine Person die Energie des Frühlings wie eine Solarzelle in den Beziehungskreislauf investieren möchte – zum Beispiel indem er oder sie sich schön macht für den Abend, die Wohnung angenehm gestaltet oder dem Gegenüber zärtlich über die Schultern streichelt –, die liebevolle Energie jedoch vom Beziehungssystem abgelehnt oder nicht gesehen wird. Dies kann sehr schmerzhaft sein und den Eindruck hinterlassen, festzustecken oder einsam zu sein.
Gibt es Tipps und Tricks, um Frühlingsgefühle in der Beziehung zu wecken?
Frühlingsgefühle können in der Tat durch einen «Beziehungsfrühlingsputz» aktiviert werden. Dabei können sich Paare folgende Fragen stellen: Wo stehen beide in der Beziehung? Was macht ihnen Angst oder Sorgen? Wo hoffen sie gemeinsam hinzugehen? Was schätzen sie aneinander? Was wollen sie beibehalten und was ändern? Haben beide generell ein Verständnis dafür, was ihnen fehlt und was sie sich wünschen? Die Idee ist, kleine mögliche Schritte zu gehen, die im Alltag realistisch eingebaut werden und hinter denen beide stehen können. So kann die neu getankte Frühlingsenergie verwendet werden, um das Fundament zu stärken, den Garten auszumisten und die Energie wieder fliessen zu lassen, um das wachsen zu lassen, was sich beide für ihre Beziehung wünschen
David Siegenthaler, Paarberatung und Mediation im Kanton Zürich,
Beratungsstelle Uster
Dieser Artikel wurde im Stadt-Anzeiger Opfikon-Glattbrugg unter der Rubrik «DER GUTE RAT» am 27.04.23 veröffentlicht.